Gesundheit

Ist Apotal pleite? Die Lage der Versandapotheke im Faktencheck

Die Versandapotheke Apotal sorgt seit geraumer Zeit für Schlagzeilen. Kunden klagen über ausbleibende Lieferungen trotz Vorkasse, wochenlange Wartezeiten und einen kaum erreichbaren Kundenservice. Verbraucherschützer und Aufsichtsbehörden sind alarmiert. Im Raum steht die Frage, ob das Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten steckt: Ist Apotal pleite? Dieser Artikel beleuchtet die aktuellen Hintergründe und Entwicklungen, damit Leser verstehen, ob Apotal tatsächlich von Insolvenz bedroht ist oder nicht.

Apotal, betrieben durch die Bad-Apotheke in Bad Rothenfelde (Niedersachsen) unter Inhaber Henning Fichter, zählt zu den bekannten Online-Apotheken in Deutschland. Das Unternehmen ist kein Newcomer: Bereits 2020 wurde das Versand- und Diabetesgeschäft der Apotal-Gruppe vom Schweizer DocMorris-Konzern (Zur Rose Gruppe) übernommen, für rund 75 Millionen Euro. Rund 1,1 Millionen Kunden wechselten dadurch potentiell in den DocMorris-Verbund, was die Marktstellung der Gruppe weiter stärkte. Formal bestellen Apotal-Kunden jedoch weiterhin bei der lokalen Bad-Apotheke, da DocMorris die Aktivitäten erst nach und nach in sein zentrales Logistiknetz integriert. Trotz dieser renommierten Muttergesellschaft und des großen Kundenstamms geriet Apotal in den letzten Jahren massiv in die Kritik.

Warnsignale: Lieferprobleme und verärgerte Kunden

Die Schwierigkeiten traten ab Ende 2022 deutlich zutage: Zahlreiche Kunden beschwerten sich öffentlich über extrem lange Lieferzeiten und einen nicht vorhandenen Kundenservice. Selbst die zuständige Apothekerkammer Niedersachsen wurde damals bereits eingeschaltet. Auf Bewertungsportalen zeichnete sich ein besorgniserregendes Bild ab. So waren beispielsweise im November 2022 rund zwei Drittel der über 1.200 Kundenbewertungen auf Trustpilot negativ; der Trustscore lag nur noch bei etwa 2 von 5 Sternen. Fast alle dieser Rezensionen beklagten nicht gelieferte Ware und fehlende Kommunikation seitens Apotal. Ein typischer Eintrag lautete etwa: Geld kassieren und keine Ware senden… bekomme mein Geld nicht zurück, Finger weg! Viele Kunden berichten, sie hätten wochenlang vergeblich auf bereits bezahlte Medikamente gewartet und weder per E-Mail noch telefonisch jemanden erreicht. In Online-Kommentaren ist gar von Betrug die Rede, etwa: Das grenzt an Betrug, schimpfte ein frustrierter Nutzer im Hinblick auf nur halb gelieferte, aber voll berechnete Bestellungen. Andere kündigten an, nie wieder bei Apotal zu bestellen, solange die Zustände so blieben.

Auch im Jahr 2023 setzte sich dieser Trend fort. Die Zahl unzufriedener Kunden nahm eher zu als ab. Ende 2022 meldeten sich zunächst vereinzelt Betroffene bei der Apothekerkammer, doch im Laufe von 2023 füllte sich dort das Beschwerdepostfach immer weiter, zeitweise trafen täglich neue Meldungen verärgerter Verbraucher ein. Viele klagten über vollständige Funkstille seitens Apotal: Vorkasse bezahlt, aber weder Ware noch Rückerstattung erhalten, und das über Wochen oder gar Monate. Aus Sicht mancher Kunden wirkte dies wie ein letzter, verzweifelter Versuch von Apotal, sich kurzfristig Liquidität zu verschaffen, ohne die bestellte Ware verlässlich auszuliefern. Zwar erhielten andere Kunden ihre Arznei irgendwann verspätet, doch die Unzuverlässigkeit schürte Misstrauen. Apotal räumte in der Kommunikation Probleme ein, blieb jedoch vage: Im Sommer 2023 verwies der Versender pauschal auf eine extrem erhöhte Auftragslage sowie Lieferengpässe und Krankenstand im Team, wodurch es zu Verzögerungen komme. Konkretere Erklärungen oder Entschuldigungen blieben spärlich. Viele mussten dringende Medikamente schließlich anderswo besorgen, während ihre Apotal-Bestellungen weiter in Bearbeitung blieben.

Eingreifen der Aufsicht und der Verbraucherschützer

Angesichts des anhaltenden Kundenärgers haben Aufsichtsbehörden und Verbraucherschützer reagiert. Behördenseitig wurde, wie erwähnt, bereits 2022 die Apothekerkammer Niedersachsen aktiv. Sie ist für die Aufsicht über Apotal beziehungsweise die dahinterstehende Bad-Apotheke zuständig und prüft die Vorgänge. Laut einer Sprecherin der Kammer liegen Informationen über Lieferverzögerungen und eine eingeschränkte telefonische Erreichbarkeit der Apotheke vor. Man sei mit Apotheker Henning Fichter in Kontakt und habe ihn zu einer Stellungnahme aufgefordert. Bis Ende 2023 lag der Kammer allerdings offenbar noch keine zufriedenstellende Erklärung vor. Einige Kunden forderten inzwischen sogar drastische Schritte. Ein besonders erboster Besteller regte an, der Versandapotheke Apotal die Betriebserlaubnis zu entziehen, da der Zustand bei Apotal nicht akzeptabel sei. Dies zeigt, wie tief das Vertrauen mancher Verbraucher erschüttert ist.

Juristische Schritte erfolgten zudem durch die Verbraucherzentrale Brandenburg. Sie hat Anfang 2025 eine Unterlassungsklage gegen die Bad-Apotheke Henning Fichter e.K., Betreiberin von Apotal, eingereicht. Der Vorwurf: Apotal schränke unzulässig das gesetzliche Widerrufsrecht der Kunden ein. Konkret wurde bemängelt, dass Apotal die Rückgabe selbst ungeöffneter Arzneimittel kategorisch ausschließt. Auf der Website heißt es sinngemäß, Medikamente, die das Haus verlassen haben, seien nicht mehr verkehrsfähig und würden vernichtet, daher würden nur falsch gelieferte oder beschädigte Waren zurückgenommen. Diese Klausel ist nach Auffassung der Verbraucherschützer rechtswidrig, da sie faktisch das Widerrufsrecht im Fernabsatz aushebelt. Bereits im Januar 2025 wurde die Klage eingereicht, der Fall liegt inzwischen beim Oberlandesgericht Oldenburg. Ein Urteil steht noch aus. Beobachter werten den Vorstoß als deutliches Signal: Verbraucherschützer gehen gegen Apotal vor, um die Rechte der Kunden zu verteidigen. Gleichzeitig könnte der Fall ein Indiz dafür sein, dass Apotal versucht, sich durch strikte AGB-Klauseln Vorteile zu verschaffen, etwa Rückgaben und Erstattungen zu erschweren. Für Kundinnen und Kunden schafft das weiteres Misstrauen und Unsicherheit.

Die Rolle des Mutterkonzerns DocMorris

Eine wichtige Hintergrundkomponente ist der Mutterkonzern von Apotal, die Zur Rose Gruppe aus der Schweiz, besser bekannt durch ihre Marke DocMorris. Die Übernahme von Apotal im Jahr 2020 war Teil der Expansionsstrategie der Zur Rose, um die Marktführerschaft im europäischen Versandapotheken-Markt auszubauen. Doch in den Folgejahren geriet auch DocMorris wirtschaftlich unter Druck. Hohe Investitionen, etwa ins E-Rezept und in Marketing, sowie ein intensiver Wettbewerb ließen die Gewinne ausbleiben. In den vergangenen Jahren musste die Zur Rose Gruppe wiederholt Verluste ausweisen und kündigte ein striktes Sparprogramm an. Ein Teil dieser Konsolidierungsmaßnahmen betraf die Logistik: DocMorris begann, die Versandprozesse mehrerer Apothekenmarken, unter anderem Medpex, Zur Rose und vermutlich auch Apotal, an einem zentralen Logistikstandort in Heerlen (Niederlande) zu bündeln.

Solche tiefgreifenden Umstrukturierungen sind in der Regel komplex, gerade wenn ein hohes Bestellaufkommen bewältigt werden muss. Anlaufschwierigkeiten blieben offenbar nicht aus. Branchenbeobachter halten es für sehr wahrscheinlich, dass die Integration von Apotal in das neue Logistiknetzwerk mit technischen Problemen oder Personalmangel einherging. Die Folgen wären genau die Phänomene, die Apotal-Kunden derzeit erleben: Lieferverzug und Kommunikationsprobleme. Offiziell bestätigen wollte DocMorris dies zwar nicht, man sprach lediglich von logistischen Umstellungen und dem Ziel, Kosten zu reduzieren. Doch die zeitliche Koinzidenz von Logistikwechsel und Serviceeinbruch bei Apotal ist auffällig.

Auch bei den Zahlungsbedingungen gab es konzernweite Änderungen. DocMorris hat in den letzten Jahren die Auswahl an Zahlarten für Kunden deutlich eingeschränkt, offenbar um eigene Zahlungsausfälle zu minimieren. Neukunden können häufig nur noch per Vorkasse oder PayPal bestellen; Kauf auf Rechnung wird kaum mehr angeboten. Apotal setzt ebenfalls stark auf Vorkasse, was vielen Kunden bereits unangenehm auffällt. Denn wer im Voraus bezahlt, trägt das volle Risiko, wenn die Lieferung verspätet oder gar nicht erfolgt. So erklärt sich, warum die Frustration der Apotal-Kunden besonders hoch ist: Man hat bezahlt, die Apotheke behält das Geld erstmal, und die Ware lässt auf sich warten. Dieses Vorgehen mag aus Sicht des Unternehmens die Liquidität sichern, doch für Verbraucher ist es ein Vertrauensbruch.

Mögliche Ursachen der Krise bei Apotal

Woran genau liegt es nun, dass Apotal derart ins Straucheln geraten ist? Eine monokausale Erklärung gibt es nicht. Vielmehr dürfte eine Kombination mehrerer Faktoren vorliegen. Branchenkenner nennen insbesondere folgende Punkte:

  • Logistikprobleme nach der Integration: Durch die Bündelung des Versandhandels von Apotal mit anderen Marken an einem zentralen Standort kann es zu Engpässen gekommen sein, vor allem wenn das Bestellvolumen sprunghaft gestiegen ist. Technische Umstellungen oder Personalknappheit in Heerlen könnten zu Rückständen geführt haben, die sich nun in Form von Lieferverzögerungen bemerkbar machen.
  • Sparmaßnahmen des Mutterkonzerns: Die finanziellen Engpässe bei DocMorris beziehungsweise Zur Rose haben vermutlich direkte Auswirkungen auf Apotal. Es ist plausibel, dass in Bereichen wie Personal, Lagerhaltung oder Kundenservice gespart wurde, um Kosten zu senken. Ein solcher Sparkurs würde erklären, warum Service und Abläufe bei Apotal sich zuletzt deutlich verschlechtert haben, denn es fehlt an Ressourcen, um das gewohnte Leistungsniveau zu halten.
  • Steigende Kosten im Gesundheitswesen: Unabhängig von internen Problemen sieht sich die gesamte Branche mit Kostensteigerungen konfrontiert. Medikamente im Einkauf sind teurer geworden, die Versand- und Energiekosten sind gestiegen, und regulatorische Anforderungen, etwa zu Kühlketten und Datenschutz, verursachen zusätzlichen Aufwand. Schrumpfen die Margen, bleibt weniger finanzieller Spielraum, um in Verbesserungen zu investieren. Auch Apotal könnte unter diesem äußeren Druck leiden, was die Situation verschärft.
  • Kommunikationsdefizite: Verschärfend kommt hinzu, dass Apotal seine Kundschaft offenbar unzureichend informiert. Anstatt offen über die Probleme zu kommunizieren, gab es nur spärliche und pauschale Verlautbarungen, etwa den Hinweis auf hohes Bestellaufkommen. Viele Kunden fühlten sich alleingelassen und schlecht betreut. Diese fehlende Transparenz hat das Vertrauen weiter untergraben, ein immaterieller Schaden, der schwer wiegt.

All diese Faktoren zusammengenommen erzeugen ein deutliches Krisenbild. Für die Kunden bedeutet das in der Praxis: Wer dringend auf Medikamente angewiesen ist und bei Apotal bestellt, muss mit Problemen rechnen. Die anhaltenden Verzögerungen können im Ernstfall sogar gesundheitliche Folgen haben, wenn wichtige Arzneien zu spät ankommen. Hinzu kommt das finanzielle Risiko bei Vorkasse: Bis zur tatsächlichen Lieferung oder einer eventuellen Rückerstattung bleibt der Kunde auf den Kosten sitzen. Verbraucherschützer raten daher, keine hohen Beträge per Vorkasse zu zahlen und wenn möglich auf sichere Zahlarten, etwa Rechnung oder PayPal mit Käuferschutz, zu bestehen. Im Zweifel sollte man bei zeitkritischen Bestellungen auf andere, zuverlässig arbeitende Versandapotheken ausweichen oder den Gang zur örtlichen Apotheke wählen, um Versorgungsengpässe zu vermeiden.

Ist Apotal nun zahlungsunfähig oder insolvent?

Trotz aller operationalen Probleme stellt sich die Kernfrage: Steckt Apotal in existenziellen finanziellen Nöten, ja oder nein? Nach derzeitigem Stand gibt es keine Hinweise darauf, dass Apotal, also die Bad-Apotheke Henning Fichter e.K., formell Insolvenz angemeldet hat. Weder Apotal selbst noch der Mutterkonzern DocMorris beziehungsweise Zur Rose gelten aktuell als zahlungsunfähig. Anders ausgedrückt: Apotal ist nicht pleite. Der Geschäftsbetrieb läuft weiter, wenn auch holprig, und offene Rechnungen werden dem Vernehmen nach beglichen. Eine akute Insolvenzbedrohung, etwa in Form eines bevorstehenden Insolvenzantrags, ist öffentlich nicht bekannt.

Allerdings bleibt die Lage angespannt. Die Vielzahl an Warnsignalen, von den Lieferproblemen über den Kundenfrust bis hin zu rechtlichen Auseinandersetzungen, deutet auf ernsthafte interne Schwierigkeiten hin. Branchenanalysten diskutieren deshalb verschiedene Szenarien für Apotal: Sollte sich keine Besserung einstellen, könnte DocMorris versucht sein, das Apotal-Geschäft zu verkleinern, zu verkaufen oder sogar ganz einzustellen, um sich auf profitablere Marken wie DocMorris selbst zu konzentrieren. Eine solche Entscheidung würde das Unternehmen wohl frühzeitig kommunizieren, um Stammkunden nicht zu verlieren. Im schlimmsten Fall käme auch eine geordnete Insolvenz infrage, falls die wirtschaftlichen Probleme größer sind als vermutet und keine Lösung in Sicht ist. Doch Stand jetzt, Herbst 2025, gibt es keine Anzeichen für einen solchen Schritt. Genauso gut ist denkbar, dass die aktuellen Schwierigkeiten nur temporärer Natur sind, bedingt durch die erwähnten Logistik-Umstellungen. Sobald sich die Prozesse eingespielt haben, könnte Apotal theoretisch wieder zum normalen Betrieb zurückfinden.

Fazit: Apotal nicht insolvent, aber Vertrauenskrise dauert an

Zum aktuellen Zeitpunkt lässt sich festhalten: Apotal ist nicht pleite. Weder hat die Versandapotheke ein Insolvenzantragsverfahren eröffnet, noch sprechen offizielle Informationen für eine unmittelbare Zahlungsunfähigkeit. Insofern kann vorsichtig Entwarnung gegeben werden; eine akute Insolvenzgefahr scheint derzeit nicht bestätigt. Aber Entwarnung heißt nicht Entspannung. Die Situation des Unternehmens ist kritisch. Zahlreiche Kundenbeschwerden, anhaltende Lieferverzögerungen und ein eingeschränkter Kundenservice deuten auf tiefergehende Probleme im Unternehmen hin. Sowohl die Apothekerkammer Niedersachsen als Aufsichtsbehörde als auch die Verbraucherschützer beschäftigen sich mit Apotal, was den Druck zusätzlich erhöht.

Für Apotal gilt es nun, das erschütterte Vertrauen der Kundschaft zurückzugewinnen und die internen Abläufe in den Griff zu bekommen. Die Konzernmutter DocMorris beziehungsweise Zur Rose wird entscheiden müssen, ob und wie sie Apotal hierbei unterstützt, sei es durch Investitionen in bessere Logistik und Kundenbetreuung oder durch andere strategische Weichenstellungen. Klare Kommunikation, stabile Lieferprozesse und zügige Bearbeitung von Kundenanliegen wären entscheidende Schritte, um den Negativtrend umzukehren. Solange allerdings keine deutliche Besserung eintritt, wird das Gerücht, Apotal sei pleite, weiter Nahrung finden. Fakt ist: Apotal existiert weiterhin, ohne offizielles Insolvenzverfahren. Doch die Versandapotheke steht vor der großen Herausforderung, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen und ihren Platz in dem hart umkämpften Online-Apotheken-Markt zu behaupten. Nur wenn das gelingt, dürften sich die Pleite-Gerüchte endgültig zerstreuen. Bis dahin bleibt Kunden anzuraten, bei Apotal vorsichtig zu agieren und die weiteren Entwicklungen genau zu beobachten.

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